26.08.2019FDPFDP

TEUTEBERG-Interview: Das ist reine Symbolpolitik

Die FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg gab der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ (aktuelle Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Torsten Gellner.   

Frage: Frau Teuteberg, die FDP ist vor fünf Jahren aus dem Landtag geflogen. Warum sollen die Brandenburger sie jetzt wieder wählen?

Teuteberg: Weil wir die Partei sind, die auf Vernunft setzt und nicht auf Polarisierung. Ein Beispiel: Bei der Migration gibt es in der öffentlichen Debatte zwei Pole: Die einen wollen sich nationalistisch abschotten, die anderen wollen jedem den Aufenthalt in Deutschland ermöglichen. Es gibt aber Rechtsgrundsätze, die einzuhalten sind. Schutzbedürftige genießen Asyl, und gleichzeitig muss der freiheitliche Rechtsstaat handlungsfähig sein. Wenn kein Asylanspruch vorliegt, muss die Ausreisepflicht konsequent durchgesetzt werden. Das ist nicht herzlos, sondern richtig.

Frage: Sind Sie neidisch auf die Grünen, die derzeit so vom Thema Klimawandel profitieren?

Teuteberg: Ich gönne Mitbewerbern ihren Erfolg. Aber auch der Klimaschutz wird mir zu sehr in schwarz-weiß und nicht zu Ende gedacht. Die einen sagen, Brandenburg müsse gar nichts tun, weil unser Anteil am Weltklima so gering ist. Die anderen tun so, als würde sich das Weltklima an der Lausitz entscheiden. Wenn wir ein attraktives Beispiel für andere sein wollen, müssen wir zeigen, dass Klimaschutz ohne Deindustrialisierung gelingen kann. Dazu brauchen wir technische Innovationen und die richtigen Anreize. Uns wird niemand in der Welt folgen, wenn wir einfach nur Verzicht predigen oder darüber diskutieren, ob man noch Fleisch essen darf.

Frage: Immer mehr Städte rufen den Klimanotstand aus, zuletzt Potsdam. Schafft man eine wirksame Klimapolitik nur über Notstandsgesetze?

Teuteberg: Das ist reine Symbolpolitik und übrigens ein völlig unangemessener Begriff. Nach dem Motto: Not kennt kein Gebot. Es kann nicht darum gehen, rechtsstaatliche Verfahren oder Bürgerrechte einzuschränken. Unsere Kommunen tragen zum wirksamen Klimaschutz am besten bei, indem sie überlegt und konkret Prioritäten setzen. Dafür bieten unser Rechtsstaat und unsere Demokratie alle Möglichkeiten, dazu braucht man keine Notstandsrhetorik.

Frage: Als Sie Generalsekretärin wurden, hat die Brandenburger FDP auf einen Teuteberg-Effekt gehofft. An Umfragen kann man das nicht ablesen. Warum ist dieser Effekt ausgeblieben?

Teuteberg: Ich beschäftige mich nicht mit irgendwelchen Effekten. Die Rückmeldungen bei unseren Veranstaltungen in ganz Brandenburg sind positiv. Meine Sorge gilt dem Zusammenhalt im Land.
Ich erlebe eine besondere Polarisierung.

Frage: Wie erklären Sie sich diese Spaltung?

Teuteberg: Das hat sicherlich viele Ursachen. Speziell an Brandenburg ist aber wohl, dass das Land eine ganz eigene Debattenkultur entwickelt hat, die immer sehr stark auf Konsens und die Vermeidung von Streit ausgerichtet war. Wir sollten zivilisiert streiten, das gehört zu einer Demokratie. Fairer Streit ist ein notwendiges Wettbewerbsverfahren, damit die Bürger klar erkennen können, welche politischen Angebote die Parteien machen.

Frage: Ihre Partei liegt seit einiger Zeit stabil bei fünf Prozent. Sie wären also im nächsten Landtag. Ist die FDP bereit, mitzuregieren?

Teuteberg: Wir sind bereit, mit allen Parteien außer AfD und Linken über eine mögliche Verantwortungsübernahme zu sprechen. Inhalte entscheiden über Koalitionen. Wichtig ist uns, dass für die Wähler ein positiver Unterschied zur bisherigen Regierungsarbeit erkennbar wird.

Frage: Sie sind geboren in Königs Wusterhausen, haben sich mit der DDR-Vergangenheit beschäftigt. Was denken Sie, wenn die AfD auf Plakaten das Thema friedliche Revolution kapert?

Teuteberg: Das ärgert mich, weil es die historischen Tatsachen boshaft verdreht. Umso mehr finde ich, dass wir ein großes, gesamtdeutsches Gespräch darüber brauchen, wo wir bei der deutschen Einheit stehen, welche Verletzungen es gibt und welche Probleme bis heute durch die tiefen Strukturbrüche bestehen. Aber weder gehört der AfD die friedliche Revolution, noch hat die Linke den Menschen seinerzeit die Freiheit gebracht. Wir brauchen sachliche Debatten zwischen Ost und West auf Augenhöhe.

Frage: Wie denken Sie über eine Ostquote, um mehr Ostdeutsche in Führungspositionen zu bekommen?

Teuteberg: Es sollte weder Makel noch Verdienst sein, aus welcher Region jemand kommt. Ich bin zuversichtlich, dass es in künftigen Generationen ganz normal sein wird, dass Führungskräfte aus dem Osten kommen. Dafür braucht man keine Quote. Welches Signal sendet man denn mit einer solchen Quotendebatte? Wer glaubwürdig für Weltoffenheit und Toleranz werben will, sollte nicht bei den eigenen Landsleuten Herkunftsunterschiede betonen.

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