14.05.2005FDP

WESTERWELLE-Gastbeitrag für das "Offenburger Tageblatt"

Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE schrieb für das "Offenburger Tageblatt" (Samstag-Ausgabe) den folgenden Gastbeitrag:

"Funktionärsmacht zurück drängen

Seit Jahren verbreitet sich in Deutschland das Vorurteil, wirtschaftsfreundliche Politik sei gleichbedeutend mit arbeitnehmerfeindlicher oder umweltschädlicher Politik. Wirtschaftsfreundliche Politik ist nicht gegen Arbeitnehmer, sondern für Arbeitnehmer. Das Beste, was man für Arbeitnehmer machen kann, ist eine auf Wachstum ausgerichtete Politik, die Arbeitplätze schafft.

Wir Liberale wollen Gewerkschaften. Wir sind für starke Zusammenschlüsse von Arbeitnehmerinteressen. Wir wollen den Ausgleich zwischen Kapital und Arbeit, gerade vor Ort in den Betrieben. Wir kritisieren aber Funktionäre, die nicht Arbeitnehmerinteressen, sondern ihre eigenen wahrnehmen. Die Fremdbestimmung der Arbeitnehmer durch Gewerkschaftsfunktionäre hat zu mehr Arbeitslosigkeit geführt. Gewerkschaftliche Tarifpolitik trifft vor allem diejenigen, die es auf dem Arbeitsmarkt am schwersten haben: die geringer Qualifizierten. Für überproportionale Steigerungen der unteren Lohngruppen haben sich Gewerkschaftsfunktionäre immer als Wohltäter der Geknechteten feiern lassen. In Wahrheit haben sie gerade den geringer Qualifizierten die Möglichkeit auf einen produktiveren Arbeitsplatz genommen. Die Ausgrenzung der Schwächeren auf dem Arbeitsmarkt ist eine Folge der Tarifpolitik. Und damit das klar ist: Da saßen die Arbeitgebervertreter allesamt mit am Tisch.

Gewerkschaftsfunktionäre wollen die Ausbildungsplatzabgabe und die Krankenzwangskasse für alle. Gewerkschaftsfunktionäre wollten gegen den Willen der Arbeitnehmer die 35-Stunden-Woche in den neuen Bundesländern einführen. Gewerkschaftsfunktionäre waren und sind gegen mehr Ladenöffnungsfreiheit. Diese Politik ist eine Barrikade gegen den Wohlstand in unserem Lande.

Deswegen muß die Funktionärsmitbestimmung zurückgegeben werden in die Hände der Beschäftigten. Wenn 75 % einer Belegschaft einer Vereinbarung zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat in geheimer Abstimmung zustimmen, dann muß diese Vereinbarung auch gelten, ohne daß ein Funktionär sein Veto einlegen kann. Wir wollen aus der paritätischen Funktionärsbestimmung, die es sonst nirgendwo in Europa gibt, eine Drittelmitbestimmung machen. Und die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat müssen aus dem Unternehmen kommen. Der Flächentarifvertrag muß durch gesetzliche Öffnungsklauseln flexibilisiert werden. Die beste Tarifpolitik findet vor Ort in den Betrieben statt und nicht in den Zentralen von Gewerkschaften oder Arbeitgebern."

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