28.02.2008FDP

WESTERWELLE-Interview für "SuperIllu"

Berlin. Der FDP-Partei- und -Fraktionsvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE gab der "SuperIllu" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte DIRK BALLER:

Frage: Wächst sich der Steuer-Skandal noch zur Krise der sozialen Marktwirtschaft an sich aus?

WESTERWELLE: Im Gegenteil. Die Tatsache, dass Straftaten herauskommen, zeigt doch, dass die soziale Marktwirtschaft und der Rechtsstaat funktionieren. Sorgen muss man sich machen, wenn - wie im Sozialismus üblich - sich die Spitzen die Taschen vollmachen und alles unter den Teppich gekehrt wird.

Frage: Trotzdem: Das Vertrauen in "die da oben" ist bei den Menschen auf dem Nullpunkt, wenn sie sehen, was Zumwinkel und Co. machen!

WESTERWELLE: Wenn Hundert sich falsch verhalten, sind die vier Millionen anständigen Unternehmerinnen und Unternehmer aus Mittelstand, Handwerk oder freien Berufen deswegen nicht schlecht. Schlecht sind die, die sich falsch verhalten. Was die Debatte um soziale Gerechtigkeit angeht, so stelle ich fest: Die Gerechtigkeits-Lücke - der Fakt, dass der Aufschwung an weiten Teilen der Bevölkerung vorbeigeht - ist durch die maßlose Steuer- und Abgabenerhöhungspolitik der Bundesregierung im Wesentlichen selbst geschaffen.

Frage: Sie appellieren an das "steuerrebellische Bewusstsein" der Deutschen. Etwa ein versteckter Aufruf, es Zumwinkel gleich zu tun?

WESTERWELLE: Unfug! Wir rufen dazu auf, beispielsweise der SPD ihre Mehrwertsteuer-Lüge nicht durchgehen zu lassen. Sie hatte vor der Bundestagswahl heilige Eide geschworen, die Mehrwertsteuer niemals zu erhöhen, und schaffte es nur deswegen auf die Regierungsbank - um gleich darauf die mit drei Prozentpunkten höchste Mehrwertsteuererhöhung in der Geschichte der Republik mit zu beschließen. Unterm Strich wird eine durchschnittliche vierköpfige Familie mit 1600 Euro im Jahr zusätzlich

belastet, weil der Staat unter Schwarz-Rot immer maßloser zugreift. Wir finden es unfair, wenn diejenigen, die hart arbeiten, von ihrer Arbeit immer weniger übrig behalten.

Frage: Viele Bürger wehren sich auf ihre Weise, machen quasi den "kleinen Zumwinkel", indem sie schwarz arbeiten…

WESTERWELLE: Das ist nicht in Ordnung. Jeder muss sich an Recht und Gesetz halten. Trotzdem ist es notwendig, dass wir ein niedrigeres, einfacheres und gerechteres Steuersystem in Deutschland bekommen. Wenn heute die Hälfte der Bevölkerung etwa 94 Prozent des gesamten Einkommensteuer-Aufkommens erbringen, dann setzt das die goldenen Regeln der Marktwirtschaft außer Kraft: Leistung muss sich lohnen. Und: Wer arbeitet, muss mehr haben als derjenige, der nicht arbeitet.

Frage: Bei der Union, besonders der wahlkämpfenden CSU, mehren sich die Forderungen nach Steuersenkungen. Ernst zu nehmen?

WESTERWELLE: Wir werden schon dafür sorgen, dass die Union richtige Ideen ernst nehmen muss - und zwar in dem Augenblick, wo wir gemeinsam eine Regierung bilden können. CDU und CSU haben zwar in den letzten Jahren genau das Gegenteil getan und sind deshalb beim Thema Steuern nicht allzu glaubwürdig. Aber im blau-gelben Himmel herrscht über nichts so viel Freude wie über ein bekehrtes schwarzes Schaf.

Frage: SPD-Chef Beck denkt darüber nach, dass sich Frau Ypsilanti mit Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin in Hessen wählen lässt. Ein versteckter Appell an den FDP-Chef, endlich den Weg frei zu machen für die Ampel-Koalition?

WESTERWELLE: Es bleibt dabei: Mit uns gibt es keine Ampel-Koalition in Hessen. Wir halten Wort. Das mag für die SPD ungewöhnlich sein - für uns ist das eine Charakterfrage.

Frage: Rechnen Sie damit, dass die SPD sich Becks Idee wirklich antut?

WESTERWELLE: Ja. Die SPD plant seit längerem, die Linkspartei nach und nach zum Koalitionspartner aufzuwerten - siehe Berlin. Dass die SPD offenbar dabei ist, in Hessen schon wieder einen Wortbruch zu begehen, zeigt die Notwendigkeit, in ganz Deutschland linke Mehrheiten zu verhindern. Die Linkspartei wird im Westen wesentlich von Mitgliedern der fanatischen Splitterpartei DKP getragen. Wenn in Niedersachsen eine ihrer Abgeordneten sich die Stasi zurückwünscht und die Mauer rechtfertigt, dann zeigt das nur, wes" Geistes Kind diese Partei ist. Hinter den charmanten Talkshow-Auftritten Gregor Gysis und den temperamentvollen Reden Oskar Lafontaines versteckt sich im Gepäcknetz der Linkspartei jede Menge stalinistisches Gedankengut.

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