FDPFDP geht vor das Bundesverfassungsgericht

Der Soli muss weg - für alle, ohne Ausnahme

Geld, RichterhammerDer Soli muss weg - für alle, ohne Ausnahme
10.08.2020

Von 2021 an müssen viele Menschen keinen Solidaritätszuschlag mehr zahlen – für 2020 aber sehr wohl noch. Dabei hätte er mit Auslaufen des Solidarpakts für den Aufbau Ost zum 1. Januar 2020 vollständig für alle abgeschafft werden müssen. Die FDP will nun direkt nach der parlamentarischen Sommerpause Anfang September Klage beim Bundesverfassungsgericht einreichen. "Ein moderner Verfassungsstaat sollte gegebene Zusagen einhalten. Dass wir Freie Demokraten deshalb gegen die CDU/CSU-SPD-Bundesregierung vor Gericht ziehen müssen, ist ein politisches Armutszeugnis für die Große Koalition", konstatiert FDP-Präsidiumsmitglied Volker Wissing. "Union und SPD riskieren offen den Verfassungsbruch“, sagt FDP-Fraktionsvize Christian Dürr. "Gemeinsam mit anderen Mitgliedern des Fraktionsvorstands werde ich für die FDP-Fraktion gegen den Soli klagen."

Es war ein politisches Versprechen der schwarz-gelben Regierung unter Helmut Kohl in den neunziger Jahren: Wenn die Kosten für den Aufbau Ost bewältigt sind und der Soli seinen Zweck erfüllt hat, muss er für alle Steuerzahler abgeschafft werden. Dies war mit Auslaufen des Solidarpakts II zum 31. Dezember 2019 der Fall. Doch auf dem Gehaltszettel, den die Menschen jeden Monat seither in ihrem Briefkasten finden, steht immer noch eine Abgabe, die gar nicht mehr erhoben werden dürfte. Die Freien Demokraten empfehlen den Steuerzahlern daher, für das Jahr 2020 Einspruch gegen Vorauszahlungs- oder Einkommensteuerbescheide einzulegen.

Die FDP-Fraktion hat außerdem in den vergangenen Monaten verschiedene rechtliche Optionen geprüft, betonte Dürr. "Nach der Sommerpause im September werden wir vors Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ziehen und gegen den Soli klagen.“ Mehrere Gutachten hätte ergeben, dass die Erhebung der Abgabe nach Dezember 2019 nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei.

So hat der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, darauf hingewiesen, dass der Soli als "Ergänzungsabgabe" nach den Vorgaben des Grundgesetzes nur in ganz engen Grenzen erhoben werden dürfe. Diese Voraussetzungen lägen schon gar nicht mehr vor. Von einer Sondersituation lässt sich 30 Jahre nach der Wiedervereinigung nicht mehr sprechen oder juristischer formuliert: Mit dem Ende des Solidarpakts II sei eine "finanzverfassungsrechtliche Normallage" getreten, mit der ein zusätzlicher Finanzbedarf des Bundes nun nicht mehr gerechtfertigt werden könne. Das gilt nach Ansicht von Papier auch für das geplante Abschmelzen. Wenn die Abgabe gar nicht mehr gefordert werden dürfe, dann auch nicht von dem sehr leistungsfähigen Teil der Bevölkerung.

"Trotzdem müssen in diesem Jahr alle Bürger in Deutschland den Soli weiter zahlen - auch Menschen mit niedrigerem Einkommen“, kritisiert Dürr. Sollte der Soli für verfassungswidrig erklärt werden, würde das alle Steuerzahler betreffen, die zurecht massenhaft Widersprüche gegen ihre Steuerbescheide einlegen würden. "Dass die große Koalition diese Bedenken einfach ignoriert, halte ich für höchst problematisch."

Volker Wissing erinnert daran, dass der Solidaritätszuschlag damals eingeführt wurde, um die Kosten der Deutschen Einheit finanzieren zu können. "Bereits durch die Namensgebung sollte betont werden, dass die Deutsche Einheit ein solidarisches Anliegen des gesamten Landes ist. Der Soli ist deshalb auch bewusst breit angelegt und belastet nahezu alle Einkommensarten." Wenn der Staat nun diese von ihm eingeforderte Solidarität aufkündige, indem er am Soli festhalte, "weil es ihn nun mal gibt und weil man das Geld gut ausgeben kann, dann ist das unsolidarisch."

 

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