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FDP fordert klare Worte von Merkel an Erdogan

Alexander Graf LambsdorffAlexander Graf Lambsdorff
02.02.2017

Die Bundeskanzlerin reist in die Türkei. Dort ist die Lage der Bürgerrechte seit dem gescheiterten Putsch sehr angespannt. Alexander Graf Lambsdorff, Vizepräsident des EU-Parlaments, fordert klare Worte von Angela Merkel. Es sei übrigens richtig, dass sie diese Reise unternehme. "Die gefährliche Lage in Syrien und im Irak macht solche Gespräche unter NATO-Partnern erforderlich. Die Türkei ist und bleibt eine wichtige Regionalmacht." FDP-Chef Christian Lindner mahnt: "Merkel muss bei Erdogan Demokratie einfordern."

Flüchtlingsdeal darf nicht zu Rabatt führen

FDP-Chef Christian Lindner forderte von Merkel, in der Türkei öffentlich klar Stellung zu beziehen: "Massenhafte Verhaftungen, die Einschränkungen der Pressefreiheit und die Debatte über die Einführung der Todesstrafe verlangen eine eindeutige politische Einordnung."

Zugleich warnte Lindner in der Süddeutschen Zeitung: "Der Flüchtlingsdeal mit der Türkei darf nicht zu einem Rabatt bei rechtsstaatlichen Fragen führen." Die Kanzlerin müsse bei Erdogan eine Rückkehr des Landes zu Rechtsstaatlichkeit und Demokratie einfordern. "Dies sollte sie auch öffentlich artikulieren."

Zudem sollten die Verhandlungen mit der Türkei über einen Beitritt zur EU sofort gestoppt, der Dialog mit dem Land aber weitergeführt werden. "Von Merkels Besuch muss das Signal ausgehen, dass mit der geplanten Änderung der Verfassung und der Einführung eines Präsidialsystems die Türkei die Türe nach Europa zuschlagen würde", sagte Lindner.

Türkei ist vor dem Schritt in ein autokratisches Regierungssystem

Lambsdorff stellte klar, dass es ohne die Türkei keinen Weg zu Waffenruhe, Stabilität und zu einer denkbaren Friedensordnung geben werde. Allerdings müssten trotz der sicherheitspolitischen Themen in den Gesprächen auch die inneren Entwicklungen des Landes zur Sprache kommen.

"Die Kanzlerin darf es nicht unterlassen, die fortwährenden Bürgerrechtsverletzungen mit klaren Worten zu verurteilen", unterstrich er. Die Inhaftierung von gewählten Abgeordneten ohne Anklage, die gravierenden Eingriffe in die Meinungs- und Pressefreiheit sowie die Überlegungen zur Wiedereinführung der Todesstrafe seien alarmierend.

"Mit dem bevorstehenden Referendum steht die Türkei zudem unmittelbar vor dem Schritt in ein autokratisches Regierungssystem ohne wirksame parlamentarische, mediale oder justizielle Kontrolle der Exekutive."

EU-Beitrittsverfahren einfrieren

Lambsdorff konstatierte, dass es unehrlich und kontraproduktiv wäre, unter den gegebenen Umständen weiter am eindeutig gescheiteren EU-Beitrittsprozess festzuhalten. "Europa braucht den Mut, die Beitrittsgespräche zu beenden und stattdessen eine auf gegenseitigem Respekt und gemeinsamen Interessen gründende Agenda zu entwickeln", forderte er. Die Kanzlerin könnte auf ihrer Reise auch hierfür endlich den Grundstein legen, "anstatt sich mehr schlecht als recht bis zur Bundestagswahl durchzuwurschteln".

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