FDPBrexit-Verhandlungen

Brexit-Vereinbarung ist quasi die Scheidungsurkunde

BrexitBrexit-Vereinabrung: Die künftigen Beziehungen müssten in einem zweiten Abkommen geregelt werden
15.11.2018

Großbritannien hat einen Durchbruch in den Brexit-Verhandlungen mit der EU verkündet. Der FDP-Europapolitiker Alexander Graf Lambsdorff ist nicht gerade optimistisch. Er hält es für unwahrscheinlich, dass das britische Parlament dem Brexit-Kompromiss zustimmen wird. Lambsdorff hofft, dass es Premierministerin May gelingen wird, in Regierung und Parlament eine Mehrheit zusammenzubringen. Gerade für Nordirland sei eine Einigung wichtig, um die politische Gewalt der Vergangenheit nicht wiederaufflammen zu lassen. Die künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien müssten in einem zweiten Abkommen geregelt werden.

Denn: "Dieses Abkommen, über das wir jetzt reden, ist quasi die Scheidungsurkunde. Das regelt nur das Auseinandergehen." Nicht aber die Vision für die Zukunft. Die Freien Demokraten bedauern die Brexit-Entscheidung der britischen Bürger. "Wir hätten die Briten gerne behalten", bekräftigt Lambsdorff. Er betont zugleich: "Aber es war die britische Seite, die mehrere rote Linien gezogen hat: keine weitere Mitgliedschaft im Binnenmarkt, keine weitere Mitgliedschaft in der Zollunion und keine harte Grenze in Nordirland."

Sollte es jetzt zu einer Einigung kommen, stünde eine Übergangsfrist an, in der ein zweites Abkommen ausgehandelt wird, in dem es um die zukünftigen Beziehungen geht: "Darin kann man dann schreiben über Freizügigkeit, über Visumsfreiheit, über Arbeitsgenehmigungen, über die Portabilität, die Mitnahmemöglichkeit von Sozialansprüchen, all diese Dinge", fasst Lambsdorff das Prozedere zusammen.

Ein weicher Brexit ist jetzt möglich, glaubt Lambdorff: "Tatsache ist, dass ein Abkommen vermutlich im Europäischen Parlament viel weniger Probleme haben wird als im britischen Unterhaus." Auf europäischer Ebene sehe er keine größeren Probleme mit der offenbar erzielten Einigungsformel zur Scheidungsurkunde zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich. Daher sei es nun vor allem an Großbritannien, gerade auch in Hinblick auf die Grenzfrage zwischen Irland und Nordirland, zu entscheiden: "Ist man bereit, diesen Kompromiss zu tragen, ja oder nein?“

Dass es bislang so viele Probleme mit der Brexit-Vereinbarung gegeben habe, sei wesentlich auf die britische Regierung zurückzuführen, sagt Lambsdorff. So sei für die strittige Grenzfrage zwischen Irland und Nordirland deutlich geworden: "Es geht einfach nicht ohne Grenze, wenn man aus einer Zollunion rausgeht." Deutliche Kritik übte Lambsdorff am früheren britischen Außenminister Johnson. Dieser kümmere sich nur um die eigenen Ambitionen und nicht um das Wohl des Landes. Wenn man Johnson sagen würde, er werde neuer Premierminister, würde er seine Meinung sofort ändern.

Mit Blick auf die Entwicklung in Großbritannien: Ein mögliches Misstrauensvotum steht im Raum, der Brexit-Minister und die Arbeitsministerin sind zurückgetreten, bleibt er weiter skeptisch. Die Reaktionen auf den Brexit-Entwurf zeigen erneut, wie groß die Widerstände gegen May in ihrer eigenen Partei sind. "Dennoch darf die Hoffnung nicht aufgegeben werden, dass das Unterhaus schlussendlich der Einigung zustimmt. Ein ungeordneter Brexit birgt definitiv höhere Risiken für beide Seiten, besonders die britische", mahnt Lambsdorff.

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