FDPLandtagswahlen

Kurs der Eigenständigkeit hat sich bewährt

Hans-Ulrich Rülke, Daniela Schmitt, Christian LindnerDer Kurs der Eigenständigkeit der FDP in der Sache hat sich ausgezahlt, meint FDP-Chef Christian Lindner.
15.03.2021

Der Start ins Superwahljahr ist der FDP geglückt. FDP-Chef Christian Lindner sieht seine Partei durch die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz kräftig gestärkt. Die FDP habe mit ihren Themen "immer mehr Traktion gewonnen", sagte Lindner am Sonntagabend in der FDP-Parteizentrale. "Unsere Themen wirtschaftliche Erholung, Bürgerrechte in Zeiten der Pandemie, die großen Freiheitseinschränkungen, die Beseitigung der digitalen Defizite beim Staat, in der Verwaltung bis hin zu den Schulen, all das brennt den Menschen auf den Nägeln", sagte Lindner. Die FDP habe einen "echten Substanzgewinn erreicht", sie habe "an politischem Gewicht gewonnen". Er bekräftigte: "Die FDP ist bereit zur Übernahme von Regierungsverantwortung, und zwar dann, wenn wir Inhalte umsetzen können." FDP-Generalsekretär Volker Wissing betonte: "Wir sind Gestaltungskraft und wir haben Rückenwind. Jetzt wollen wir in Sachsen-Anhalt gewinnen und dann stark in den Deutschen Bundestag einziehen."

"Die Flamme der Freiheit. Sie brennt hell in Stuttgart, in Mainz. Und sie wird überspringen auf Magdeburg. Und dann gehen wir mit richtigem Rückenwind in die Bundestagswahl und werden uns auch dort den Aufgaben stellen. Deutschland braucht eine andere Regierung hier in Berlin. Das wissen alle. Und die FDP? Sie ist bereit", erklärte er noch am Wahlabend.

Im Gespräch mit Phoenix sagte Wissing: "Deutschland braucht eine neue Regierung, so kann es nicht weitergehen. Die Parteien der politischen Mitte müssen miteinander gesprächsfähig sein. Wir dürfen uns nicht alle auseinanderdividieren lassen, und am Ende ist eine Regierungsbildung unmöglich". Die FDP werde Kurs halten. Im Deutschlandfunk sagte er, es bestehe kein Zweifel daran, dass die FDP auch in Berlin mitregieren wolle. Dies jedoch nicht um jeden Preis. Entscheidend sei, dass liberale Politik in einer Regierung umgesetzt werden könne.

Auch Lindner will mögliche Ampel-Koalitionen mit SPD und Grünen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg von den politischen Inhalten abhängig machen. "Mit der FDP wird es mit Sicherheit keinen Linksruck geben, mit der FDP wird es eher niedrigere als höhere Steuern geben, kein Verbot des Dieselmotors oder des Einfamilienhauses, wie manche Grünen das fordern", sagte Lindner am Sonntagabend. "Wenn die Inhalte nicht stimmen, nehmen wir uns sogar die Freiheit, mal Nein zu sagen."

"Der Kurs der Eigenständigkeit der FDP in der Sache hat sich ausgezahlt", sagte Lindner auch am Montag in Berlin in einer Bilanz der Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Die Wahlen seien auch ein Votum über die Krisenpolitik der unionsgeführten Bundesregierung gewesen. Er forderte, die sogenannte Masken-Affäre nicht nur unter den Abgeordneten der Union aufzuklären, sondern in der Bundesregierung insgesamt. Für Koalitionsspekulationen für die Zeit nach der Bundestagswahl im September sei es zu früh. "Für uns ist entscheidend, welche Inhalte zusammenpassen", sagte Lindner.

FDP-Generalsekretär Volker Wissing hat mit Blick auf eine mögliche Ampelkoalition im Bund Haltelinien für die FDP genannt: "Es gibt für uns eine klare Aussage: Es wird keine Steuererhöhungen geben, wir werden nicht die Bürgerversicherung einführen und einen Linksruck wird's mit der FDP auch nicht geben", sagte der rheinland-pfälzische FDP-Landeschef am Montag im ARD-"Morgenmagazin". Man wolle natürlich regieren, aber Landespolitik und Bundespolitik könne man nicht eins zu eins vergleichen.

Nach dem vorläufigen Ergebnis hatten sich die Freien Demokraten bei der Wahl in Baden-Württemberg von 8,3 auf 10,5 Prozent verbessert - das ist eines der besten Wahlergebnisse seit Jahrzehnten. Im Südwesten könnte die FDP damit Teil einer Ampelkoalition mit Grünen und SPD werden. Der baden-württembergische FDP-Spitzenkandidat Hans-Ulrich Rülke warb nach dem Stimmenzuwachs der Liberalen erneut für seine Partei als künftigen Koalitionspartner der Grünen. "Wir haben deutlich gemacht, dass die Zeiten der Lager vorbei sind", sagte Rülke. "Und es gibt zwei Wahlsieger: Die Grünen und den Ministerpräsidenten und die FDP, alle anderen haben verloren." Deshalb sei die FDP bereit, Verantwortung zu übernehmen unabhängig von der Farbenlehre. Ministerpräsident Winfried Kretschmann habe die FDP für den kommenden Freitag zu Gesprächen eingeladen. "Wir werden den Führungsgremien der Landespartei empfehlen, diese Einladung anzunehmen", sagte Rülke.

In Rheinland-Pfalz, wo die FDP bereits in einer solchen Konstellation mitregiert, wird dieses Bündnis voraussichtlich fortgesetzt. Das Ergebnis zeige, dass die FDP in einer Ampel-Koalition solide regieren könne und dass die Wählerinnen und Wähler ihr dafür Vertrauen schenkten, sagte Wissing am Sonntag. "Natürlich war das ein schwieriger Wahlkampf." Mit einer sehr starken Spitzenkandidatin Daniela Schmitt habe man die FDP von zwischenzeitlich schwierigen Umfragen auf ein solides Wahlergebnis heben können.

"Zum ersten Mal in der Geschichte der FDP ist damit eine Ampelkoalition bestätigt worden. Bei allen historischen Ampel-Konstellationen hat die FDP danach verloren und den Landtag verlassen. Wir freuen uns also über diesen echten Substanzgewinn. Die FDP hat an politischem Gewicht an diesem 14. März zu Beginn des Wahljahres gewonnen", ordnete Lindner das Ergebnis ein.

Er unterstrich: "Die FDP ist bereit und in der Lage, Verantwortung zu übernehmen im Bund und in den Ländern. Wir gestalten gerne und dort, wo wir es tun, gestalten wir erfolgreich und erhalten von den Menschen dafür auch Unterstützung. Wenn aber unsere Inhalte nicht umsetzbar sind und man uns keinen Respekt gegenüber den Projekten entgegenbringt, die wir gegenüber unseren Wählerinnen und Wählern vertreten haben, da kann die FDP keine Regierungsbeteiligung übernehmen, denn auf uns kann man zählen. Unser Wort, das wir den Wählerinnen und Wählern geben, das zählt auch nach einer Wahl."

Seiner Ansicht nach sind die Wahlergebnisse im Südwesten auch ein Votum über die Krisenpolitik der unionsgeführten Bundesregierung. "Daraus müssen umgehend Konsequenzen gezogen werden", so Lindner. Angesichts der Lage in Deutschland könne damit nicht bis nach der Bundestagswahl gewartet werden. In der Pandemiepolitik sollten die bürgerlichen Freiheitsrechte weniger stark eingeschränkt werden, forderte der FDP-Chef. Auch sei es Zeit für mehr gesellschaftliches Leben. "Insbesondere die Wirtschaftspolitik sollte jetzt umgehend die Weichen für neues Wachstum und Beschäftigung stellen. Hier passiert so gut wie nichts", kritisierte Lindner.

"Die Wahlergebnisse kann man der neuen CDU-Führung kaum anlasten, aber am Umgang damit werden Armin Laschet und auch der andere potenzielle Kanzlerkandidat Markus Söder nun gemessen", sagte Lindner. "Im Interesse des Landes hoffen wir auf deren Führungskraft, die Krisenpolitik des Kanzleramts nun zu korrigieren."

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