FDPBundespräsidentenwahl

Werden Steinmeier zuhören und dann entscheiden

Christian LindnerChristian Lindner lässt die Wahl Steinmeiers offen
15.11.2016

Nach wochenlangem Kandidaten-Poker schwenkt die Union jetzt doch noch ein: Sie will Außenminister Frank-Walter Steinmeier als Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten mittragen. FDP-Chef Christian Lindner reagierte "erleichtert, dass das peinliche Machtspiel beendet ist." Die FDP werde Steinmeier jetzt genau zuhören, "was er zu sagen hat und wie er sich seine Amtsführung vorstellt" und dann entscheiden.

"Steinmeier wird von CDU und CSU nicht unterstützt, weil er eine starke Persönlichkeit ist, sondern aus Ängstlichkeit vor dem eigenen Profil. Das dokumentiert den Zustand der Union", sagte Lindner am Rande einer Bundesvorstandsklausur. Gabriel könne man zu seiner Geschicklichkeit nur beglückwunschen.

Er aber hätte einen "sportlichen Wettbewerb" in der Bundesversammlung vorgezogen: "Stattdessen werden alle Ecken und Kanten jetzt wieder ertränkt in großkoalitionärer Konsenssoße." Die daraus resultierenden Absstoßungseffekte könne man in den europäischen Nachbarländern beobachten. Eine Auswahl unterschiedlicher Personen in der Bundesversammmlung wäre ein Chance gewesen.

FDP für Staatsoberhaupt, das eine Korrektivfunktion hat

Die Freien Demokraten wünschen sich ein Staatsoberhaupt, das eine Korrektivfunktion hat und beruhigen kann, so Lindner. Dementsprechend grotesk werteten sie die Kandidatensuche. 

Noch am Freitag hatte der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister und FDP-Landesvorsitzende Volker Wissing moniert: Die CDU, die doch eigentlich einen Führungsanspruch besitzen müsse, "weiß nicht, was und wen sie als Bundespräsidenten will. Das ist ein Armutszeugnis in einer Zeit, in der das demokratische Staatswesen um seine Akzeptanz kämpfen muss."

FDP-Präsidiumsmitglied Hermann Otto Solms konstatierte: "Angela Merkel scheitert zum 4. Mal an der Auswahl des Bundespräsidenten." Den Vorschlag Steinmeier habe Merkel schon seit Wochen haben können. "Dann hätte sie uns die taktischen Spielchen um das Amt des Bundespräsidenten erspart und vermieden, dass das Amt derartig herabgewürdigt wird."

Das ganze Gewürge hat der CDU keinen Vorteil gebracht

Abermals zeige sich, "wie destruktiv große Koalitionen agieren", sagte Wissing: "In einer Zeit, in der die staatlichen Institutionen Akzeptanz verlieren, betreibt die Bundesregierung parteipolitische Spielchen. Die eine Partei gönnt ihrem Regierungspartner nicht, auch nur einen Millimeter weit vorn zu sein."

Auch FDP-Chef Christian Lindner kritisierte das Hin und Her zwischen den Koalitionsparteien. "Das ganze Gewürge hat der CDU keinen Vorteil gebracht", so Lindner. "Am Ende ist die CDU ganz schön gerupft aus dieser Debatte hervorgegangen".  Er sei überrascht, dass die Union ihre große Mehrheit in der Bundesversammlung nicht genutzt hat".

Der Wettbewerb wäre spannend gewesen, sagte Lindner. Ein "glückliches Händchen" habe Merkel bei der Suche nach einem Staatsoberhaupt nie bewiesen. Die Kanzlerin habe ihre Partei in die Defensive gebracht, sagte Lindner. "So ist der Eindruck entstanden, nach langer Suche, nach viel Zögern hat man dann sich in das Schicksal ergeben, Steinmeier akzeptieren zu müssen."

Zwar könne sich SPD-Chef Gabriel freuen, dennoch fehle auch ihm nun aber ein Zugpferd für die Bundestagswahl im kommenden Jahr. Es bleibe spannend: "Alle Konstellationen im nächsten Jahr sind offen. Diese Präsidentenwahl jedenfalls gibt kein klares Indiz in irgendeine Richtung."

Kretschmanns Koketterie hat ein Ende

Auch FDP-Vize Katja Suding zeigte sich froh darüber, dass "das unwürdige Hin und Her um das Amt des Bundespräsidenten" ein Ende hat. In der Kritik an CDU und CSU ist sie sich mit Lindner einig. Es bleibe "nur zu hoffen, dass dies kein Vorgeschmack auf die Zeit nach der Bundestagswahl im nächsten September ist." Vom Prozedere abgesehen schätze sie Frank-Walter Steinmeier als Persönlichkeit. "Es kommt darauf an, welche Schwerpunkte er im höchsten Staatsamt setzen will. Dann entscheiden wir, ob er die Unterstützung der FDP-Wahlfrauen und -männer hat oder nicht."

Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die als stellvertretende Bundesvorsitzende am Montag an der Sitzung des Bundesvorstandes in Berlin teilnahm, ergänzte: "Wir werden ihn erst fragen, wie er sich seine Rolle als Bundespräsident vorstellt."

Aus Sicht der Südwest-FDP im Landtag ist die Erfahrung Steinmeiers "sicherlich wertvoll" für das Amt. Der Personalvorschlag sei allerdings ein Zeichen, dass die Union keine geeigneten Kandidaten in ihren Reihen habe, sagten der FDP-Fraktionsvorsitzender Hans-Ulrich Rülke und der FDP-Landeschef Michael Theurer. Rülke fügte hinzu: "Glücklicherweise hat jetzt auch die mittlerweile schwer erträgliche Koketterie des Ministerpräsidenten Kretschmann mit diesem Amt ein Ende."

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