07.02.2014Obwohl sich der Bundestag noch gar nicht mit dem Rentengesetz befassen konnte, wirbt die Bundesregierung mit Millionenaufwand für ihr Rentenpaket. Mit einer groß angelegten Werbekampagne klärt sie über die Reform auf, die am 1. Juli in Kraft treten soll. In einem Gastbeitrag für das Handelsblatt erklärt Rainer Brüderle, warum die Bundesregierung mit dem Paket den größten Fehler der letzten zehn Jahre begeht.
Mit der Mütterrente und der Rente mit 63 hat die neue Bundesregierung ihr erstes großes Projekt auf den Weg gebracht. Die Koalition rechnet mit Ausgaben von 160 Milliarden bis 2030. Eine Studie im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) legt aber nahe, dass das Rentenpaket 233 Milliarden Euro kosten wird.
Der Grund für den Unterschied: Reinhold Schnabel von der Universität Duisburg-Essen rechnet damit, dass deutlich mehr Menschen als von der Regierung gedacht mit 63 in Rente gehen werden, was nicht nur zu höheren Kosten, sondern auch zu hohen Einnahmeausfälle führt. „Die Folgen der Wiedereinführung der Frühverrentung sind weitaus dramatischer als von der Regierung dargestellt“, schreibt Schnabel in seinem Papier.
Der Liberale kritisiert: „Für dieses Geld könnte man im selben Zeitraum eine Million Kita-Plätze zur Verfügung stellen oder über zwei Millionen Studienplätze finanzieren. Hier werden 20 Jahre Reformkampf um eine vernünftige Generationenpolitik mit einem Federstrich kaputt gemacht.“
Der FDP-Wirtschaftspolitiker moniert vor allem auch, dass die betriebswirtschaftlichen Kosten und die volkswirtschaftlichen Kosten komplett ausgeblendet werden: „Für jeden Betrieb in Deutschland gehen die Lohnzusatzkosten wegen der absehbaren Beitragssatzerhöhungen hoch. Das kostet tendenziell Jobs. Den aktiven Arbeitnehmern wiederum bleibt weniger Netto vom Brutto. Das schmälert Kaufkraft und Nachfrage“, zählt er auf.
Und nicht zuletzt: „Dieser ökonomische Unsinn wird mit einem eklatanten Rechtsbruch eingeleitet, indem bestehende Gesetze einfach nicht beachtet werden. Normalerweise hätten die Betriebe und die Arbeitnehmer zum 1. Januar eine weitere Senkung des Beitragssatzes bekommen müssen. Im Geleitzug hätten die heutigen Rentner im Sommer eine Rentenerhöhung bekommen. So sieht es die aktuelle Gesetzeslage vor. Beide Maßnahmen wurden ohne Rechtsgrundlage ausgesetzt.“
Der Liberale macht noch einen Umstand geltend: „Es wird im Zusammenhang mit dem Gesetzespaket viel über Lebensleistung gesprochen. Dabei wird eine Tatsache ausgeblendet. Wer heute 70 oder 75 Jahre alt ist, zahlt mit den ausbleibenden Rentenerhöhungen der nächsten Jahre die Frühverrentung der Babyboomer mit. Es werden also nicht nur die Jungen belastet, sondern auch die Generation, die im Krieg geboren wurde. Von deren Lebensleistung scheint die Bundessozialministerin nicht viel zu halten. Wenn sie dann noch das Wort Generationengerechtigkeit in den Mund nimmt, muss das für viele Junge und für viele Alte nur noch wie Hohn in ihren Ohren klingen.“
Brüderle: Der Renten-Unsinn
Rentenpaket ist beschäftigungspolitische ZeitbombeObwohl sich der Bundestag noch gar nicht mit dem Rentengesetz befassen konnte, wirbt die Bundesregierung mit Millionenaufwand für ihr Rentenpaket. Mit einer groß angelegten Werbekampagne klärt sie über die Reform auf, die am 1. Juli in Kraft treten soll. In einem Gastbeitrag für das Handelsblatt erklärt Rainer Brüderle, warum die Bundesregierung mit dem Paket den größten Fehler der letzten zehn Jahre begeht.
Mit der Mütterrente und der Rente mit 63 hat die neue Bundesregierung ihr erstes großes Projekt auf den Weg gebracht. Die Koalition rechnet mit Ausgaben von 160 Milliarden bis 2030. Eine Studie im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) legt aber nahe, dass das Rentenpaket 233 Milliarden Euro kosten wird.
Der Grund für den Unterschied: Reinhold Schnabel von der Universität Duisburg-Essen rechnet damit, dass deutlich mehr Menschen als von der Regierung gedacht mit 63 in Rente gehen werden, was nicht nur zu höheren Kosten, sondern auch zu hohen Einnahmeausfälle führt. „Die Folgen der Wiedereinführung der Frühverrentung sind weitaus dramatischer als von der Regierung dargestellt“, schreibt Schnabel in seinem Papier.
Rainer Brüderle, ehemaliger Bundeswirtschaftsminister, beschäftigt sich in einem Gastbeitrag für das "Handelsblatt" mit dem „rentenpolitischen Wahnsinn mit Ansage“. Er wirft Arbeitsministerin Andrea Nahles vor, vier künftige Regierungen auf „eines der größten Ausgabenpakete der deutschen Rentengeschichte“ festzulegen.
20 Jahre Kampf um Generationenpolitik werden kaputt gemacht
Der Liberale kritisiert: „Für dieses Geld könnte man im selben Zeitraum eine Million Kita-Plätze zur Verfügung stellen oder über zwei Millionen Studienplätze finanzieren. Hier werden 20 Jahre Reformkampf um eine vernünftige Generationenpolitik mit einem Federstrich kaputt gemacht.“
Der FDP-Wirtschaftspolitiker moniert vor allem auch, dass die betriebswirtschaftlichen Kosten und die volkswirtschaftlichen Kosten komplett ausgeblendet werden: „Für jeden Betrieb in Deutschland gehen die Lohnzusatzkosten wegen der absehbaren Beitragssatzerhöhungen hoch. Das kostet tendenziell Jobs. Den aktiven Arbeitnehmern wiederum bleibt weniger Netto vom Brutto. Das schmälert Kaufkraft und Nachfrage“, zählt er auf.
Ökonomischer Unsinn wird mit eklatanten Rechtsbruch eingeleitet
Und nicht zuletzt: „Dieser ökonomische Unsinn wird mit einem eklatanten Rechtsbruch eingeleitet, indem bestehende Gesetze einfach nicht beachtet werden. Normalerweise hätten die Betriebe und die Arbeitnehmer zum 1. Januar eine weitere Senkung des Beitragssatzes bekommen müssen. Im Geleitzug hätten die heutigen Rentner im Sommer eine Rentenerhöhung bekommen. So sieht es die aktuelle Gesetzeslage vor. Beide Maßnahmen wurden ohne Rechtsgrundlage ausgesetzt.“
Der Liberale macht noch einen Umstand geltend: „Es wird im Zusammenhang mit dem Gesetzespaket viel über Lebensleistung gesprochen. Dabei wird eine Tatsache ausgeblendet. Wer heute 70 oder 75 Jahre alt ist, zahlt mit den ausbleibenden Rentenerhöhungen der nächsten Jahre die Frühverrentung der Babyboomer mit. Es werden also nicht nur die Jungen belastet, sondern auch die Generation, die im Krieg geboren wurde. Von deren Lebensleistung scheint die Bundessozialministerin nicht viel zu halten. Wenn sie dann noch das Wort Generationengerechtigkeit in den Mund nimmt, muss das für viele Junge und für viele Alte nur noch wie Hohn in ihren Ohren klingen.“